Wie wird man Aktionär?
Dazu erweitere ich die Frage zu: “Wie wird man Wertpapieranleger?”
Noch vor wenigen Jahren musste der interessierte Anleger grundsätzlich eine Bank- oder Sparkassenfiliale aufsuchen, um dort persönlich ein Wertpapierdepot mit dem zugehörigen Verrechnungskonto zu eröffnen. Das persönliche Erscheinen war wegen der notwendigen Legitimation (Ausweis oder Pass vorlegen) notwendig. Die Älteren werden sich noch erinnern: Es gab einmal ein “Bankgeheimnis” (ja, auch in Deutschland). Das ist leider Geschichte. Heute kann das Finanzamt mit Unterstützung der Bundespolizei (Zoll) Konten vollständig einsehen und muss die betroffenen Kontoinhaber noch nicht einmal darüber unterrichten. Beliebte Gründe für dieses Durchleuchten privater Finanzen sind “der Kampf gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung”. Zudem wurden die Banken zu Geldeintreibern für den Staat gemacht, indem sie verpflichtet wurden, bestimmte Steuern (zunächst die Zinsabschlagssteuer, heute Kapitalertragssteuer und Quellensteuer z.B.) direkt für den Staat einzubehalten.
Es gibt kaum noch “effektive Stücke”
Wie der Name “Wertpapier” schon sagt, handelt es sich bei Aktien und Anleihen um auf Papier gedruckte Urkunden. Wenn man so eine Urkunde in der Hand halten kann, handelt es sich um ein effektives Stück. Diese effektiven Stücke lagen und liegen in den Tresoren der großen Bank- und Sparkassenorganisationen bzw. bei bestimmten “Custodians” (Wertpapierverwahrern). Es war früher durchaus üblich, sich seine Lieblingsaktien (im Querformat bedruckt!) in Form von effektiven Stücken von der Bank ausliefern zu lassen. Diese Wertpapiere konnte man dann mit nach Hause nehmen und dort sicher verwahren oder nett verpackt dem Enkelkind unter den Weihnachtsbaum legen. So war der typische “außerbörsliche Handel” durchaus relevant. Inhaberpapiere (Anleihen immer hochkant gedruckt) wanderten bisweilen von einem Kofferraum in einen anderen und von dort in einen neuen Tresor. Dafür mussten sich nur der Verkäufer und Käufer finden und auf einen Preis einigen. Somit hatte der Begriff “Aktienpaket” noch eine wahre Berechtigung. Dieser außerbörsliche Handel wurde von den Behörden quasi ausgetrocknet. Schließlich konnten so Gewinne erzielt werden, von denen der Staat keine Kenntnis erlangen konnte. Außerdem war das ein sehr diskreter Markt und niemand musste offenlegen, wie viele Urkunden in Papierform in seinem Besitz waren.
Erben, schenken und stehlen
Wertpapiere werden häufig vererbt oder verschenkt. Da es heute i.d.R. nur noch sog. “Globalurkunden” gibt, d.h. eine Urkunde in Papierform für alle Wertpapiere einer Gattung eines Emittenten (also eine Urkunde für alle Aktien und eine für alle Anleihen eines Unternehmens) werden die Wertpapiere zwischen den Inhabern nur noch hin- und her gebucht. Erben legen ihren Erbschein bei der Bank des Erblassers vor und bekommen die Wertpapiere dann in ihr (evtl. neu zu eröffnendes) Wertpapierdepot übertragen. Eine Erbschaft oder Schenkung ist die ideale Basis für die persönliche private Altersvorsorge!
Auch Schenkungen funktionieren problemlos. Ein Wertpapieranleger kann seine Bank anweisen, bestimmte oder alle Wertpapiere seines Depots in ein anderes Depot zu übertragen. Wegen der Abschaffung des Bankgeheimnisses, wird der Schenkungsnehmer auch nicht vergessen, den Eingang in seinem Depot dem Finanzamt seines Vertrauens zu melden.
In alten Gemäuern überdauerten noch viele alte Schätze. Wie der Name sagt, verbriefen Inhaberwertpapiere (z.B. auch Sparbücher) die auf der Urkunden genannten Rechte dem jeweiligen Inhaber. Beispiel: Teilnahme und Abstimmung auf einer Hauptversammlung sowie Vereinnahmung einer Dividende. Wenn ich alte Wertpapiere in Papierform habe, kann ich diese mit Nummer dem Emittenten melden und Stimmkarten für die Hauptversammlung beantragen. Das ist vielleicht nicht so spannend, wie das jährliche Kassieren einer Dividende.
Letztlich verschafft sogar der unredlich erlangte Besitz noch Möglichkeiten, wenn sich ein Käufer finden sollte, der mit Bargeld zahlen kann.
Das Internet erleichtert heute den Zugang zu Aktien enorm
Inzwischen haben sich diverse neue “Fintechs” etabliert, die Wertpapierdepots zu sehr günstigen Konditionen für jede geschäftsfähige Person anbieten. Auch die lästige Legitimation funktioniert online per Video-Chat. Diese Angebote werden insbesondere von den unter 30-Jährigen derzeit gern angenommen. Viele haben den Crash des sog. “Neuen Marktes” in Deutschland noch nicht miterlebt. Daher gehen sie entsprechend unbefangen mit dem Thema “Geldanlage in Aktien” um. Als Anleger muss ich dann nach Depot- und Kontoeröffnung nur noch Geld dorthin überweisen und ich kann mit dem Geld vom Verrechnungskonto die ersten Investitionen tätigen.
Christoph Vogt
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